Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung von GmbH-Gesellschaftern und (Schein-)Selbstständigen wirft immer wieder zahlreiche Fragen auf.
Dabei kann nun auf das neue gemeinsame Schreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 01.04.2022 zurückgegriffen werden.
1. Angestellte GmbH-Gesellschafter
Bisher bestand bei angestellten GmbH-Gesellschaftern ohne Geschäftsführerfunktion kein Beschäftigungsverhältnis, wenn diese über mehr als 50 % der Stimmanteile verfügen, da die Weisungsgebundenheit jederzeit durch ändernden Mehrheitsbeschluss beseitigt werden kann.
In dem gemeinsamen Schreiben wird nun zwischen angestellten Allein- und Mehrheitsgesellschaftern unterschieden. Angestellte Alleingesellschafter ohne Geschäftsführerfunktion haben als allein Stimmberechtigte die Leitungsmacht, weshalb grundsätzlich keine abhängige Beschäftigung besteht.
Bei angestellten Mehrheitsgesellschaftern ohne Geschäftsführerfunktion ist auf die gesellschaftsvertraglichen Weisungsrechte abzustellen. Liegt die Dienstaufsicht allein bei dem Geschäftsführer der GmbH, besteht Weisungsgebundenheit und damit ein Beschäftigungsverhältnis. Nur wenn das Weisungsrecht auf die Gesellschafterversammlung übertragen wurde, hat der Mehrheitsgesellschafter auch gegenüber dem Geschäftsführer Leitungsmacht, womit eine abhängige Beschäftigung regelmäßig ausgeschlossen ist.
Um Beitragsnachforderungen zu vermeiden, könnte Handlungsbedarf bestehen, wenn die Dienstaufsicht noch nicht auf die Gesellschafterversammlung übertragen ist. Allerdings wird auch in diesen Fällen das Gesamtbild der Arbeitsleistung zu berücksichtigen sein.
2. Abgrenzungskriterien der Scheinselbstständigkeit
Nach wie vor richtet sich die Statuszuordnung nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Allerdings werden in der Verlautbarung 18 Kriterien benannt, die zur Orientierung dienen können.
Hervorgehoben wird, dass die arbeitsrechtliche Beurteilung eines Vertragsverhältnisses ein Indiz für die sozialrechtliche Einordnung sein kann. Auch wenn der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff und der sozialrechtlichen Beschäftigtenbegriff keineswegs gleichzusetzen sind.
Unterschiedlich ist auch die Einordnung einer Vergütung nach Zeit. Arbeitsrechtlich wurde entschieden, dass die Art der Vergütung für die Abgrenzung keine Rolle spielen kann. Im Sozialrecht hingegen kann dieses Kriterium zur Abgrenzung herangezogen werden und Indiz für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sein. Eine Höchststundenzahl oder das freie Aushandeln der Vergütung zeigen allerdings unternehmerisches Tätigwerden und indizieren eine selbstständige Tätigkeit.
Die Abgrenzung ist wichtig, da bei der Aufdeckung der Scheinselbstständigkeit hohe Kosten entstehen können. Mit einem Statusantrag kann jedoch Rechtssicherheit herbeigeführt werden. Das entsprechende Verfahren wurde mit Wirkung ab 01.04.2022 weiterentwickelt. Die Änderungen betreffen
- die Beschränkung der Statusbeurteilung auf die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit
- die Statusentscheidung gegenüber Dritten und das Antragsrecht für Dritte
- die Statusbeurteilung vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit und für gleiche Auftragsverhältnisse
- die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren.
Nicht geändert hat sich, dass Steuerberater weiterhin nicht berechtigt sind, ihre Mandanten bei Statusverfahren zu vertreten. Hier werden Mandanten weiterhin allein tätig werden oder sich (fach-)anwaltliche Unterstützung suchen müssen.